Berliner Testament = Auslaufmodell

“Wir setzen uns wechselseitig zu Alleinerben ein. Schlusserben werden unsere Kinder. Sollte ein Kind beim Tod
des Erstversterbenden seinen Pflichtteil verlangen, dann erhält es beim Tod des Längstlebenden auch nur den Pflichtteil.” So wurde es in unzähligen Malen aus einem der zahlreichen Formularbücher abgeschrieben.
In aller Regel wird darin zu den Störfällen wenig ausgeführt.

PRAXISFALL 1:
Ein Ehepartner wurde krank und geschäftsunfähig und musste ins Heim. Kurz danach verstarb der bis dahin
gesunde Ehepartner, ohne dass noch zusätzlich etwas geregelt wurde. Damit erbte der im Heim befindliche
Ehepartner alles, und das gesamte Familienvermögen stand dem Zugriff der Fürsorge zur Verfügung.
Für die Kinder blieb nur ein Pflichtteil.

PRAXISFALL 2:
Der Vater stand alleine im Grundbuch und hatte auch sonst ansehnliches Vermögen.
Die Ehefrau verstarb, ohne viel zu vererben. Damit der Vater nicht ins Heim musste, wurde eine kostengünstige
Pflegerin eingestellt. Und dann hatten die Kinder immer weniger Zeit für den Vater. Dieser heiratete nach einiger Zeit
die Pflegerin, brachte das Berliner Testament durch Anfechtung zu Fall und setzte die neue Ehefrau zur Alleinerbin ein. Die Kinder werden nur 25% des Familienvermögens erhalten.

Das Berliner Testament stammt vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Es ist 100 Jahre alt.
Damals beerbten 30- bis 40 jährige ihre 60- bis 70 jährigen Eltern,
heute 50- bis 60 jährige 80- bis 90- jährige.

Die Knackpunkte in der Praxis

1. Pflichtteilsansprüche der Kinder nach dem Erstversterbenden

2. Stirbt ein Kind vor den Eltern, dann sind die Enkelkinder pflichtteilsberechtigt. Solange sie minderjährig sind, 
    werden sie von den Schwiegerkindern vertreten.

3. Beim Tod des Erstversterbenden tritt im Regelfall die Bindung ein, dass der Längstlebende auf 
    Veränderungen in der Familie kaum noch reagieren kann.
    Wenn z.B. ein Kind pflegt und das andere nur auf das Erbe wartet, dann bekommen trotzdem beide 
    im Regelfall 50% nach dem Längstlebenden.

4. Bei einer Wiederverheiratung des Längstlebenden kann das Berliner Testament durch Anfechtung aus der Welt
    geschafft werden. Ebenso z.B. durch eine Volljährigenadoption. Dann sind im Regelfall die Kinder draußen
    und Dritte im Familienvermögen.

5. Hartz -IV- Kinder sind per Gesetz erbrechtlich enmündigt. Auch wenn sie lieb sein wollen, können sie den Pflichtteil 
    oder ein Erbe nicht ausschlagen. Die Ansprüche nach dem Tod des Erstversterbenden gehen an den Staat über 
    und nicht an die Kinder.

6. Aushöhlen lässt sich das Berliner Testament zusammen mit einem neuen Partner des Längstlebenden, eine moderne  
    Form der Erbschleicherei zu Lasten der Kinder.

Manchmal ist eine Reparatur möglich. Aber wir wissen alle. Reparieren ist teurer, als gleich richtig gemacht.

 

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